Reisebericht

Dayo`s Aufenthalt in der Schweiz und Reisebericht von Margot


Am 26. Februar machte sich Dayo einmal mehr auf die Reise von Nigeria in die Schweiz. Nach über 6 Monaten Trennung freuten wir uns alle sehr auf das Wiedersehen und auf die vor uns liegenden gemeinsamen Wochen.
Für Dayo sind die Zeiten in der Schweiz schon deshalb immer sehr erholsam, weil er sich keine Gedanken über alltägliches, wie die Strom- und Wasserversorgung machen muss, oder ob die Internetverbindung gerade stark genug ist, um seine E-Mails runterzuladen und zu lesen. Oft gibt es über mehrere Tage keinen Strom und man muss immer auf der Hut sein, dass Handy, Laptop und Lampen geladen sind.
An manchen Tagen, und dies geschieht in den letzten Monaten leider häufig, ist er auch mit der Suche nach Benzin über Stunden beschäftigt und dies, obwohl Nigeria rund 1,23 Barrel Öl pro Tag fördert und unter den 8 grössten Ölproduzenten platziert ist!!
Oft wird auch gepanschtes Benzin verkauft, was wiederum schlecht für die Motoren ist. Immer wieder muss das Auto zur Reparatur, natürlich auch wegen den oft schlechten Strassenverhältnissen, was leider mit viel zeitlichem Aufwand und hohen Kosten verbunden ist. Von einem Ersatzwagen kann man da nur träumen….

Die vier Wochen vergingen wie im Fluge. Und doch blieb Dayo genügend Zeit mit seiner Familie zu verbringen und Kontakte mit Freunden zu pflegen. Am 12. März öffneten wir unsere Türe für Freunde und Interessierte, um bei Kaffee und Kuchen das Neuste über COLLETT und die Situation in Nigeria zu erfahren. Rund 10 Personen durften wir in unserer Stube begrüssen. Es war ein lustiger und unterhaltsamer Nachmittag.

Dank der heutigen Technik war es Dayo auch möglich, die laufenden Kurse in Abuja aus der Schweiz via Teams zu halten oder sich mit seinen Mitarbeitern auszutauschen.

Dann hiess es auch unsere gemeinsame Reise nach Nigeria zu planen.  15 Jahre seit meinem letzten Besuch, durfte ich mich am 25. März gemeinsam mit Dayo auf die Reise nach Nigeria begeben. Bereits um 7.00 Uhr sollte der Flieger in Zürich abheben. Was wird mich/uns dort erwarten? Wie würde ich die Hitze vertragen? Wie kann ich mich in die Arbeit einbringen, unterstützen, Menschen begegnen und helfen …? Viele offene Fragen. Die Antworten würde ich schon bald erhalten.

Die Reise verlief reibungslos. Auch der Transit in Frankfurt ging problemlos über die Bühne. Einmal mehr konnte ich nur darüber staunen, wie dieser riesige «Metalvogel» einfach so abheben und fliegen konnte, und dann auch wieder den Weg zurück auf den Boden fand!
Nach rund 2-stündiger Fahrt vom Flughafen erreichten wir todmüde und glücklich Dayo`s Wohnung etwas ausserhalb von Abuja. Wir waren erleichtert und dankbar, dass auch unser Gepäck den Weg nach Abuja gefunden hatte. Ans Auspacken und Duschen war aber nicht zu denken. Dazu fehlten der Strom und das Wasser! Das musste also bis morgen warten…

Die nun folgenden drei Wochen waren an Intensität und Vielfältigkeit kaum zu überbieten.
Es fällt mir schwer, all die Eindrücke, Emotionen und Erlebnisse in Worte zu fassen.
Nigeria muss man sehen, riechen und erleben. Vom Hörensagen erhält man nur einen Schimmer von diesem wunderbaren, kreativen, reichen, aber auch gebeutelten und problembeladenen Land.

Die Abfallentsorgung ist ein riesiges Problem.

Täglich Routine für viele Nigerianer. Nicht alle Menschen haben Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäranlagen.
Der Wassersektor ist geprägt von Missmanagement und veralteter Infrastruktur.

Ein vor 2 Jahren gebautes Jugend- und Schulungscenter rottet vor sich hin. Niemand will/kann es leiten.

Wir haben beim Chief (Gemeindeoberhaupt) vorgesprochen und unsere Dienste/Hilfe angeboten. Das Schulungscenter soll genutzt werden.

Besuch in der National Assembly (Bundeshaus) in Abuja

Hier konnten wir bei Senator Usen vorsprechen. Er hat ein Schulungscenter gebaut mit IT-Lab und vielem mehr. Doch auch hier findet sich niemand der es leitet. Wir versuchen uns dafür einzusetzen, dass das Center auch in Betrieb genommen wird und nicht in Vergessenheit gerät.

Wenn ich das Land mit einem Wort beschreiben müsste, wäre dies; Opportunities – Möglichkeiten.


Ich sehe so viele Möglichkeiten, was wir als Einzelne und insbesondere als COLLETT tun können. Die Menschen leiden, nicht nur der hohen Inflation wegen (15.7 %). Resignation und Gleichgültigkeit haben sich breit gemacht.
Die marode und schlecht bewirtschaftete Infrastruktur, das kranke und schlecht bestellte Bildungswesen, die hohe Arbeitslosigkeit sind weitere Faktoren, die schlechte Zukunftsaussichten bieten.
Dazu machen sich meines Erachtens die selbstherrlichen Pastoren der Megakirchen im hohen Masse an der Misere Nigerias mitschuldig. Wenn in den tausenden (rund 16`000!) von Kirchen wirklich die frohe Botschaft gepredigt und gelebt würde, müsste Nigeria anders aussehnen.
Umso mehr ist es uns von COLLETT ein Herzensanliegen, nicht zu reden, sondern zu handeln.
Gelebte Nächstenliebe, gelebtes Evangelium.

COLLETT Haus


Endlich konnte ich mir vor Ort ein Bild machen. Ich war beindruckt. Trotz schlechter Infrastruktur und erschwerten Bedingungen ist es Dayo und seinem Team gelungen, einladende und professionell ausgerüstete Schulungsräume zu gestalten. Hier kommen die vielen gespendeten Computer, Laptops, Möbel etc. zum Tragen, die im letzten Jahr, dank grosser Unterstützung aus der Schweiz, den Weg nach Abuja geschafft haben.

Es werden Kurse, Schulungen und Workshops angeboten.
Ich selbst konnte zwei Worshops in unserer COLLETT-Küche halten, Mangokonfi kochen und Pfannenbrot backen. Es machte richtig Spass zu erleben, wie man auch unter erschwerten Bedingungen und mit kleinen Ressourcen etwas auf die Beine stellen kann.

Zurzeit arbeiten 6 Volontäre/innen und unser Hausmeister mit im COLLETT Haus.
Sie bringen individuell ihre Fähigkeiten und Ideen ein. Speziell ist jemand zum Beispiel für Social Media zuständig. Er macht dies mit grosser Leidenschaft und Engagement.
www.facebook.com/collettorganisation

Tägliche Besprechung mit dem Team

Radioprogram Armed Forces Radio


Seit Januar sind wir wieder aktiv im Studio. Das wöchentliche Radioprogramm gewinnt an Beliebtheit und wird jeweils live auf Facebook gestreamt. Die Zuhören können sich einwählen und mitdiskutieren. Die Themen zu Bildung, Erziehung und Gesellschaft interessieren. Immer mehr Zuhörer rufen an und teilen ihre Meinung zu den diskutierten Themen mit.

Bei zwei Sendungen konnte ich dabei sein und das Programm mitgestalten. Auch hier ist Dominik zuständig.

Der für das Radio zuständige General unterstützt unser Engagement. Wir senden eine Stunde, bezahlen aber nur 45 Minuten Sendezeit.

Besuch in Ilupeju-Ekiti


Natürlich durfte ein Besuch bei meinen Schwiegereltern in Ilupeju, rund 360 Km südlich von Abuja, nicht fehlen. Die Wiedersehensfreude war gross, hatten wir uns doch vor 15 Jahren das letzte Mal gesehen.

Schwiegermama

Schwiegerpapa, mit seinen 88 Jahren noch recht fit!!

Schwager mit Neffen

Wie geht es weiter


Die drei Wochen vergingen wie im Fluge. All die Eindrücke und Erlebnisse würden Seiten füllen.
Ziel meiner Reise war es, nebst Wiedersehen mit Dayo`s Familie und der Mitarbeit im Schulungscenter, herauszufinden, ob ich mir ein Leben in Nigeria an Dayo`s Seite vorstellen kann.

Mein Fazit: Ja. Ich kann es mir vorstellen und bin überzeugt, dass ich mit Gottes Hilfe etwas bewirken kann.
Durch viele positive Rückmeldungen und Eindrücken von Freunden und Geschwistern im Herrn fühle ich mich bestätigt, diesen Schritt zu wagen.

Zurück in der Schweiz heisst es nun Vorkehrungen zu treffen.
Fragen zum wie und wann müssen geklärt werden. Wie und wo werden unsere drei Söhne leben? Auch wenn die Lebenskosten in Nigeria um einiges tiefer sind als in der Schweiz brauchen wir ein geregeltes Einkommen.
Wie ist dies möglich? Anstellung in Nigeria, Freundeskreis?
COLLETT macht zurzeit (noch) keinen Gewinn. Doch was nicht ist kann noch werden!

Es gibt also viel zu tun! Packen wir es an!

Ich bin unendlich dankbar, in einem Land wie der Schweiz zu leben. Was für ein Privileg! Doch die Möglichkeit, in Nigeria die Zukunft aktiv mitzugestalten, Menschen Hoffnung und positive Zukunftsaussichten zu bringen sehe ich genauso als ein Privileg.

Herzlichen Dank allen, die COLLETT und auch Dayo und mich unterstützen, sei es im Gebet, durch Freundschaft oder finanziell. Ohne euch gäbe es kein COLLETT.

Herzlichst. Margot

Bilder von einer anderen Welt, querbeet und ohne Worte